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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 127

1908 - Berlin : Süsserott
- 127 '— nach den Philippinen aus und Waren für ungefähr 2,5 Mill. M von dort ein. .. 2. Die Marianeninsel Guam und die Hawai- oder Sandwichinseln, letztere als Territorium den Vereinigten Staaten angegliedert, sind wichtig als Schiffahrts- und Kabelstationen. Hauptort Honolulu. 3. Die Samoainsel Tutuila, in der Südsee gelegen, hat ebenfalls nur als Schiffahrtsstation Bedeutung. 4. Cuba und Puertorico. Die erstgenannte Insel, „die Perle der Antillen", bildet zwar eine eigene Republik, aber unter der finanziellen Kontrolle der Union und wird wahrscheinlich früher oder später mit dieser vereinigt werden. H ab an a ist durch eine riesige Dampffähre mit der Insel Key West verbunden ; von dieser führt eine Bahn über 42 Koralleninseln nach der Südküste Floridas (84 km), so daß man im Pullmann-Wagen von New York nach Cuba gelangen kann. Puertorico steht unter der Verwaltung der Vereinigten Staaten. (Die wirtschaft- lichen Verhältnisse siehe S. 130.) Mexiko. A. Allgemeines. Die Vereinigten Staaten von Mexiko sind nach Lage und Boden- gestaltung eine Fortsetzung des südlichen Teiles der pazifischen Hälfte Nordamerikas. Sie bedecken eine Fläche von 1,987 Mill, qkm (3% mal so groß wie Deutschland), haben aber nur 13,5 Mill. Ein- wohner. Die Flüsse sind weder zur Schiffahrt noch zur Förderung der Industrie geeignet. Das Hochland ist sehr trocken und nur bei künstlicher Bewässerung fruchtbar, hat aber sehr gesundes Klima. Die Küstengegenden sind zwar äußerst fruchtbar, aber sehr ungesund (Malaria und gelbes Fieber). Die Bevölkerung besteht vorwiegend aus Mestizen, Indianern und Kreolen; die vorherrschende Sprache ist die spanische. Bürgerkriege und Mißwirtschaft hatten das Land fast zur Wüste gemacht, und erst unter dem straffen Regiment des jetzigen sehr tüchtigen Präsidenten beginnt man mit der Ausnutzung der reichen natürlichen Hilfsquellen des Landes, wobei der Unter- nehmungsgeist des nordamerikanischen Nachbars die Rolle des Führers und Nutznießers übernommen hat. B. Wirtschaftliches. i. Die Landwirtschaft bevorzugt in den Terrassenlandschaften und Küstengebieten den Plantagenbau, bringt aber auch auf der

2. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 141

1908 - Berlin : Süsserott
— hi — Die Monsungebiete Asiens. Die Jahreszeitenwinde oder Monsune sind für Klima und Bodenfruchtbarkeit und infolgedessen auch für die wirtschaft- lichen Verhältnisse großer Strecken Südostasiens von ausschlag- gebender Bedeutung. Ihre Wirkung erstreckt sich auf Vorder- und Hinterindien (siehe S. 45), Niederländisch-Indien (S. 28), Süd- und Mittelchina, die Südhälfte Koreas und Japans. — Der Südwest oder Sommermonsun herrscht in den Monaten J uni bis Oktober und bringt dem asiatischen Tropengebiet Regenfälle und üppigen Pflanzen- wuchs. (Die Gebirge werden mit Regenströmen direkt Übergossen, so daß im Khasiagebirge — Nordostecke von Vorderindien — 1200 cm jährliche Regenmenge keine Seltenheit sind. Der Nord- monsun ist trocken. In der Übergangszeit von einem zum andern ist es entweder windstill, oder es herrschen verderbenbringende Zyklone und Taifune (Untergang des „Iltis" 1896). Die Monsungebiete sind ausgesprochen gesundheitsfeindlich; Malaria, Pest und Ruhr treten epidemisch auf, Cholera und Aussatz haben hier ihre Hauptherde. Bei der großen Bevölkerungsdichte der Monsungebiete, die wieder eine Folge der ungeheuren Boden- fruchtbarkeit ist, wirken diese Krankheiten um so verheerender. Unter den selbständig gebliebenen Reichen Asiens, welche sämtlich nördlich vom Wendekreis des Krebses zu suchen sind (alle im Tropengürtel gelegenen Halbinseln und Inseln waren trotz ihres Naturreichtums ohnmächtige Gebilde und wurden schon früh von den europäischen Kolonialmächten erobert), sind China und Japan die bedeutendsten, das eine durch seine ungeheure Aus- dehnung und seine uralte Kultur, das andere durch die Regsamkeit, mit der es sich die Errungenschaften der westlichen Kultur an- eignete und auszunützen verstand, beide hervorragend durch regen Güteraustausch mit dem Auslande, gegen das sie sich lange ab- schlössen.

3. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 152

1908 - Berlin : Süsserott
— 152 — Guttapercha ist der durch Anzapfen gewonnene und zu Blöcken oder Broten zusammengeknetete Milchsaft verschiedener südasiatischer Baumarten. Hi kor y ist ein in Nordamerika einheimischer Baum, der gutes Tischler- holz liefert, das bei uns hauptsächlich zu Werkzeugstielen Ver- wendung findet. Indigo ist der durch Gärung gewonnene dunkelblaue Farbstoff ver- schiedener Indigopflanzenarten. Neuerdings wird viel Indigo künstlich hergestellt. („Die Zukunft Indiens liegt in den Retorten der deutschen chemischen Fabriken!") Isländisches Moos ist eine in Nordeuropa wachsende Flechte, die als Heilmittel gegen Katarrh, Brust- und Lungenleiden verordnet wird. Jod wird aus der Asche getrockneter und dann verbrannter Tangarten gewonnen. Es ätzt stark und färbt die Haut rotbraun (Jodtinktur). Juchten- oder Juftenieder ist eine in Rußland mittels eines ganz besonderen Verfahrens (Gerben mit Weidenrinde, Tränken mit Birkenteeröl, Färben mit Alaun) hergestellte rot oder schwarz gefärbte Lederart. Jute ist die spinnbare, i y2—2 y2 m lange Bastfaser mehrerer in Ost- indien, China und Amerika angebauter Pflanzen, deren Verwendung zu Seilerarbeiten, Teppichen und Vorhängen einen immer mehr größeren Umfang annimmt. Der Kampfer-(Lorbeer-)bau m liefert Kampfer, welches durch Kochen aus dem zerkleinerten Holze ausgeschieden und sowohl in der Heilkunst wie auch als Mottenschutz Verwendung findet. Kaviar heißt der gereinigte und eingepökelte Rogen vom Stör, Hausen und von anderen mit diesen verwandten Fischarten. Die beste Sorte ist der großkörnige, schwarze Kaviar von Astrachan. Kaolin (chines.) ist chemisch reine Porzellanerde, die begierig Wasser einsaugt und dadurch formbar wird. Kaurimuscheln kommen von Porzellanschnecken her und werden als Schmuck, in Indien und Afrika auch als Scheidemünzen benutzt (Cash). Kautschuk ist der in der Sonne oder im Rauch getrocknete Milchsaft verschiedener tropischer Bäume. Er findet Verwendung bei der Her- stellung von Gummiwaren (Pneumatiks) sowie solcher aus Hartgummi. Kokain ist ein Produkt aus Kokablättern, das die Eigenschaft besitzt, die Enden der Empfindungsnerven vorübergehend un- empfindlich zu machen (Einspritzungen, Zahntechnik). Krapp ist ein aus der Färberröte gewonnener, jetzt aber durch künst- liches Rot immer mehr verdrängter Pflanzenfarbstoff. Der Lackbaum, in Japan heimisch, liefert Naturlack, der in der Weise gewonnen wird, daß man in die Rinde horizontale Einschnitte macht. Dieser Lack ist besonders widerstandsfähig gegen äußere Einflüsse. (Japanische Lackwaren. )

4. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 38

1913 - Leipzig : Hahn
38 24. Trinker-Ausreden. Eine der Hauptursachen der Krankheiten ist die Unkenntnis des Volkes in gesundheitlichen Fragen. Die große Menge, ob gebildet oder ungebildet, lebt nach Grundsätzen und Anschauungen, die die Gesundheit untergraben. Ein Kernpunkt der Lebenskunstist die Ernährung, die richtige Auswahl von Speise und Trank. Über kein Gebiet aber herrschen so viele und so große Irrlehren wie über die Frage: Was soll der Mensch trinken? Wissenschaftliche Tatsachen, die tägliche Erfahrung, das Handgreiflichste wird auf den Kopf gestellt, um dem Genusse von Wein, Bier und Branntwein mit Gewissensruhe frönen zu können. Welche Ausreden sind es denn, womit der Trinker sein Gläschen beschönigt? „Ich habe Durst", sagt der eine. Und doch * hat er schon oft erlebt, wie er nach einem fidelen Abend, an dem er mit so und so viel Glas den Riesendurst bezwungen, nachts vor Durst erwacht und gierig nach der Wasserflasche greift. Der Alkohol, den er im Wein, Vier und Schnaps zu sich genommen, hat im Körper den Wassergehalt vermindert und sein Flüssigkeitsbedürfnis gesteigert. Er will sich mit Wein und Bier den Durst stillen, obwohl er längst erfahren hat, daß Alkohol Durst erzeugt. Wer würde an einem Abend 5 bis 10 Seidel Wasser trinken? Es ist unmöglich; denn der Durst wäre schon nach dem ersten Seidel gefüllt. „Ich friere, mir ist zu kalt — ich muß mich durch ein Gläschen wärmen", sagt ein anderer, und doch belehrt ihn das Thermo- meter, daß bei Genuß von Wein, Bier und Branntwein die Blut- wärme sinkt. Der Alkohol lähmt gewisse Teile des Gehirns, sodaß die Blutgefäße der Haut sich erweitern und eine Blutflut zur Haut entsteht; dies zeigt das rote Gesicht und das scheinbare Gefühl der Erwärmung. Diese Täuschung ist die Ursache des Erfrierens all jener Unglücklichen, die durch ein Schnäpschen sich Wärme zu schaffen versuchten; denn die Blutflut in der Körperoberfläche gibt leicht ihre Wärme an die kalte Umgebung ab, bis das Blut immer mehr und mehr sich abkühlt. Sonderegger sagt in seinem trefflichen Buche „Vorposten der Gesundheitspflege": „Ich wunderte mich über die Fuhrleute in Kasan, die zu Hunderten den Frachtverkehr besorgen, wie sie bei einer Kälte von 30 bis 35* C Tag und Nacht auf den Beinen sein können und, um von Staüon zu Staüon zu gelangen, stets mehrere Stunden unterwegs sein müssen. Meistens sind diese Fuhrleute Tataren, die mit höchst seltenen Ausnahmen genau nach dem Koran leben und keine geistigen Getränke genießen. Diesem Umstande ist meines Erachtens ihre Ausdauer, ihre körperliche Frische und ihre große Willenskraft zuzuschreiben." Es erfroren bekanntlich Karl Xii. auf einem kurzen Zuge nach Gladitsch 3000 bis 4000 Mann, die sich mit Branntwein gegen die Kälte gestärkt hatten. Seit langem ist den russischen Soldaten bei Wintermärsche rr

5. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 39

1913 - Leipzig : Hahn
39 der Wutki strengstens untersagt. Die Nordpolfahrer Weyprecht, Roß, Nansen und andere bekunden übereinstimmend, daß man nur bei Meldung alles Alkohols gegen die große Kälte gewappnet sei. „Aber mir ist so schrecklich heiß/ erwidert mir ein anderer, „ich trinke gegen die Hitze." Der Sprecher scheint keine Erfahrung über Strapazen in der Hitze zu haben. Livingstone, der Jahrzehnte im heißen Afrika zubrachte, schreibt: „Ich habe über 20 Jahre nach dem Grundsätze der völligen Enthaltsamkeit gelebt; meine Meinung ist, daß die schwersten Arbeiten, die größten Strapazen ohne alkoholische Getränke ertragen werden können." Dasselbe be- stätigen andere Afrikareisende, wie Peters, Emin Pascha, Graf v. Götzen, Stanley u. a. Es gibt in den Tropen keinen besseren Zustand für den Europäer als gänzliche Enthaltsamkeit von allen geistigen Getränken. „Ich muß schwer arbeiten und brauche den Schnaps, den Wein und das Bier" — so reden diejenigen, die von Jugend aus gewohnt sind, die Flasche mit zur Arbeit zu nehmen und die noch nie gehört haben, daß Alkohol nicht stärkt, sondern nur antreibt, indem er das Müdigkeitsgefühl betäubt. Alkohol ist stets nur „Peitsche", nie aber „Hafer". „Die augenblickliche Stärkung ist ein Pendelschlag," sagt Prof. Binz, „dem naturgemäß der entsprechend starke Ausschlag nach der anderen Seite folgt; der Gegenausschlag aber ist die Lähmung." Überall, wo große, andauernde körperliche Arbeit geleistet werden soll, wird der Enthaltsamkeit gehuldigt. Rad- fahrer, Schwimmer, Reiter, Ruderer leben während ihrer Trainier- zeit ohne Alkohol, um ihre Leistungsfähigkeit aufs höchste zu spannen. „Nehmt keinen Alkohol, wenn ihr einen Treffer erzielen wollt", sagen die Schweizer Schützen und leben wochenlang vor dem Preisschießen enthaltsam. — „Gebraucht keinen Alkohol, wenn ihr ein guter Ball- spieler sein wollt", sagte Grace, der Meister von England. — „Gebraucht keinen Alkohol, wenn ihr ein guter Fußgänger sein wollt", sagte Weston, der die halbe Welt zu Fuß bereift hat. — „Ge- braucht keinen Alkohol, wenn ihr ein guter Reiter sein wollt", sagte Houlan, der alle Reiter hinter sich' ließ. — „Gebraucht keinen Alkohol, wenn ihr ein guter Schwimmer sein wollt", sagte Kapitän Webb, der den Kanal durchschwommen hat. — Nur du allein sagst: Ich bringe meine Arbeit ohne Alkohol nicht fertig. Was man als erregende Wirkung des Alkohols ansah, hat die Wissenschaft als Lähmung erwiesen: Der rote Kopf und die blaue Nase des Trinkers sind nur eine Folge von Lähmung der Nerven und der Muskeln. „Aber ich bin schwach und muß mich stärken, ich brauche ein kräftiges, gutes Nährmittel, darum trinke ich Wein und Bier." Und dazu benutzt du ein Gift?! Alkohol ist ein schweres Gift für den Menschen; dies ist eine allgemein anerkannte wissen- schaftliche Tatsache. Früher schrieb man dem Alkohol fälschlicher--

6. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 41

1913 - Leipzig : Hahn
41 gaben, durch welche die Erwerbsfähigkeit gehemmt wird. Man will Kummer und Sorgen bekämpfen, und statt zum wahren Freunde zu gehen, der einen mit Rat und Tat unterstützt, geht man zu falschen Freunden in die Kneipe, die einem sagen: „Du bist nicht schuld, sondern die heute herrschenden sozialen Einrichtungen, und die dem Trostsuchenden einen Fußtritt geben, sobald er seine Wirtshaus- rechnung nicht mehr bezahlen kann." Die letzte Ausrede des Alkoholfreundes ist die schwerwiegendste: „Mein Beruf erlaubt es mir nicht, mich des Alkoholgenusses zu enthalten." Damit wälzt er die Schuld von sich ab und stempelt sich zum Märtyrer. Die Statistik weist nach, daß es keinen Beruf gibt, in dem man nicht ohne Alkohol leben kann. Alle Einwendungen der Alkoholfreunde schrumpfen in ein Nichts zusammen, es sind Ausflüchte und Beschönigungen; wer offen und ehrlich sein Glas verteidigen will, sage doch lieber: Ich trinke Wein und Bier, weil ich gern trinke, oder weil ich mich schäme, etwas anderes zu trinken. Der Alkohol, wie er im Wein, Bier und Schnaps getrunken wird, ist also durchaus unnötig, und das viele Geld ist nutzlos vergeudet. Deutschland gibt in jedem Jahre 3 Milliarden Mark für Alkohol aus, doppelt soviel als der gesamte Reichshaushalt aus- macht. Während die ganze Steuer auf den Kopf der Bevölkerung 25 M beträgt, gibt unser Volk pro Kopf 50 M für Alkohol aus. Und mehr als 150000 Deutsche führt der Alkohol jährlich vor den Strafrichter. Wieviel Elend und Not enthalten diese trockenen Zahlen! Wenn es doch nur vergeudet wäre, aber Alkohol ist ein Gift und eine Ursache vieler Erkrankungen. Charles Darwin sagt: „Durch meine, meines Vaters und meines Großvaters lange Erfahrungen... die sich über mehr als ein Jahrhundert erstrecken, bin ich zu der Überzeugung gelangt, daß keine andere Ursache so viel Leiden, Krankheit und Elend erzeugt als der Genuß alkoholischer Getränke." Dieselbe Ansicht haben die berühmtesten Professoren und Ärzte. Alle Organe des Menschen werden von diesem Gifte in ihren Verrichtungen gestört und krankhaft verändert. Der chronische Katarrh des Rachens und der chronische Magenkatarrh des Trinkers sind allgemein bekannt. Daß die unheilbaren Nieren- und Leber- leiden zum großen Teil Folgen des Alkohols sind, hat leider schon mancher zu spät erfahren müssen. Als Nervengift kennzeichnet sich der Alkohol schon durch seine lähmende Wirkung am Gehirn. Es gibt keine Nervenkrankheit, wobei nicht der Alkohol als ursächliches Moment eine Rolle spielte. Im Berliner Krankenhaus werden jähr- lich 5 bis 600 an Säuferwahnsinn leidende Kranke ausgenommen, ab" gesehen von den vielen anderen Nervenkranken. Nach vr. Franz Schönenberger.

7. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 64

1913 - Leipzig : Hahn
64 schont bleiben. Doch wenn du mich wiederum durch meine Ge- hilfen einlädst, werde ich dich ohne Erbarmen mitnehmen.“ »Deine Gehilfen“, sprach jetzt Gottfried erleichtert, »kenne ich nicht, sonst würde ich sie fliehen, solange mir das Leben lieb ist.“ »da,“ versetzte der Jüngling unter schadenfrohem Ge- lächter, »die Menschenkinder fürchten den Tod, aber sie lieben seine Gehilfen; darum mache ich täglich reiche Beute. Doch du bist noch jung und unerfahren und sollst einst die Stütze deiner Eltern werden; deshalb will ich dich mit meinen Gehilfen bekannt machen.“ Gottfried hatte die Rechte um den dicksten Stamm des Holunderstrauches gelegt und seinen Blick mit Neugier und Angst auf den seltsamen Gast gerichtet. Am westlichen Himmel glänzte das Abendrot in purpurnem Schimmer, und in der dicht- belaubten Gartenhecke sang ein Vöglein sein letztes Lied. »Dein Bruder, um den du eben trauerst,“ begann der Tod, »wagte sich auf die dünne Eisdecke des tiefen Weihers; er brach ein und wurde meine Beute, während du laut schreiend am Ufer standest. Dein bester Spielgenosse, dessen frischer Grabhügel noch feucht ist von deinen Tränen, erkletterte die höchsten Bäume; er tat einen Fehlgriff, der morsche Ast gab nach, und — der jugendfrische Knabe lag in meinen Armen. Unvorsichtigkeit, Leichtsinn und Übermut waren meine Gehilfen, die mir zwei blühende Menschenleben vor der Zeit zuführten. Und wo immer die Jugend spielt und tollt, da sind meine Helfershelfer tätig. Sie lauern an dem kühlen Flusse und an der klaren Quelle, um das erhitzte Kind zum Bade oder Trünke zu verleiten; sie stehen an den steilen Abhängen der Berge und neben den Gerüsten der Neubauten; sie umschweben den schaukelnden Kahn und den dahinrollenden Wagen. Und kann auch der frevelhafte Leichtsinn nicht ganz sein Werk vollbringen, so macht er doch den einen zum Krüppel oder bringt dem andern Fieber und Siechtum, so daß sie vor der Zeit dahinsterben.“ Gottfried blickte bei diesen Worten beschämt zu Boden und sagte kein Wort; der Tod aber fuhr fort: »Auch die Unrein- lich k e i t ist meine Gehilfin. Sie duldet den Schmutz an Kleidern und Betten und scheut das Wasser wie ein toller Hund. Die wiederholte und gründliche Reinigung des Körpers durch kalte Abwaschungen oder Bäder kann sie nicht ausstehen, und das Fegen und Schrubben in den Wohnräumen ist ihr verhaßt. Sie verhindert auch das tägliche Lüften der Wohn- und Schlaf- zimmer, damit die Menschen statt der reinen, belebenden Luft stinkende Dünste einatmen.“ »Jetzt weiß ich auch,“ versetzte der Knabe, »weshalb du bei ansteckenden Krankheiten besonders in den unsauberen Häusern und dumpfen Wohnungen die reichste

8. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 71

1913 - Leipzig : Hahn
71 Qus dem Körper wieder heraus sei; dann aber müßte man es so lange reiben, bis die Wärme wiederkehre, und wenn dadurch das Leben nicht zurückgerufen würde, sei alle Hilfe vergebens. Da trat eine junge Dame, welche erst seit wenigen Wochen als Erzieherin im Hause war, vor und erhob bescheiden, aber mit großer Bestimmtheit Einspruch gegen die vorgeschlagenen Maßregeln. Sie habe erst vor kurzem an dem Unterricht in einer Samariterschule teilgenommen und dort gelernt, wie man sich bei Rettungsversuchen an scheinbar Ertrunkenen zu verhalten habe. Das, was der Schäfer vorgeschlagen, sei durchaus nicht zweckmäßig. Wenn man ihr gestatten wolle, das Erlernte hier anzuwenden, so hoffe sie, daß es noch möglich sei, den Knaben wieder ins Leben zurückzurufen. Die Ruhe und Zuversicht, mit welcher das junge Mädchen gesprochen, flößte der ver- zweifelten Mutter neue Hoffnung ein. Sie bat die Erzieherin, alles zu tun, was sie für nötig halte. Deren erster Rat war, einen Eilboten nach der Stadt zu schicken, um den Arzt zu holen, der zweite der, einige wollene Decken wärmen zu lassen. Dann legte sie sofort selbst Hand an, wobei sie das verständige Hausmädchen auf- forderte, ihr Hilfe zu leisten. Mit einigen Scherenschnitten trennte sie Jacke und Hemd und streifte die Kleider vom Oberkörper völlig ab; mit einem Taschentuch entfernte sie den Schlamm, der sich im Munde befand, zog die Zunge hervor und band die Spitze derselben mit dem Taschentuch auf dem Kinn fest; dann begann sie mit dem Hausmädchen die künstlichen Atembewegungen auszuführen, wie sie es in der Samariterschule gelernt hatte. In stets gleichem Tempo wurde durch Erheben der Arme bis über den Kopf der kleine Brust- kasten möglichst weit ausgedehnt und dann wieder durch Senken der Arme und Druck auf die Seitenflächen der Brust zusammengedrückt. Mit deutlich hörbarem Geräusch drang der Luftstrom ein und aus, aber das Kind lag blaß und leblos, wenn die beiden Mädchen er- mattet von der Anstrengung aus Augenblicke ihre Bemühungen aus- setzten. Eine Viertelstunde nach der andern verging; immer mehr schwand die Hoffnung der Mutter und der Umstehenden. Endlich, nachdem mehr als eine Stunde lang die Bewegungen fortgesetzt waren, schrie plötzlich das junge Mädchen auf: „Jetzt hilft es! Er fängt an zu atmen!" Und siehe da, als sie mit den Bewegungen einhielten hob sich die kleine Brust von selbst, und eine leichte Röte färbte die blassen Wangen. Lauter Jubel der Umstehenden erhob sich; aber die beiden Helferinnen ließen noch nicht nach und setzten, obwohl aufs äußerste erschöpft, ihre Bemühungen unablässig fort, bis die Wangen sich lebhafter röteten und der Kleine plötzlich die Augen ausschlug. Nun wurden auf Geheiß der jungen Samariterin die ge- wärmten Decken herbeigebracht, in welche der Kleine nach Beseitigung der übrigen Kleidungsstücke eingehüllt und mit denen er dann tüchüg gerieben wurde. Der Kleine sing an zu sprechen und verlangte etwas zu trinken. Man flößte ihm warmen Thee ein und trug ihn

9. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 77

1913 - Leipzig : Hahn
77 Aber oft eine einzige Wendung des Rörpers genügt, daß Ge- danken und Gemüt eine andere Richtung nehmen. Gin paar schritte machte er hastig in den Hintergrund, dann blieb er stehen und sagte: Mieter! Was ist das gewesen? Was ist dir jetzt eingefallen? So schlecht wärest du? Zum Aushenken wärest du! Bei der Arbeit im Schacht einen umbringen! Von rücklings umbringen! — Peter, das ist dein Grnst nicht gewesen. Im Wirtshaus schlägst ihn tot, wenn er weiß, warum's ihm geschieht! So teuselhast denken! Im Schacht da unten! Und meuchlerisch! Wäre das eine Rache? Rann's nicht jeden treffen im Bergwerk? Im Wirtshaus schlägst ihn tot. S’ ist noch nicht finster. — Gr ging wieder an seine Arbeit und hieb und hämmerte scharf draus los. Und als er später innehielt, um sich den Schweiß von der Stirne zu trocknen, murmelte er in sich hinein: Du wärest mir lieber gewesen, Peter, wenn dir der höllische Gedanken nicht wär' gekommen. Aus wen sollte der Wensch denn ein Vertrauen haben, als aus sich selber? — Wie wirst du heute deinem Weib ins Ge- sicht schauen können? — Hinterwärts umbringen! Im Bergwerk! Glender Wicht! Gr arbeitete wieder und schlug und hieb, als kämpfe er mit seinem Werkzeug noch hart gegen die Versuchung oder gegen die Vorwürfe des Gewissens. — Von diesem Tage an war seine Empfindung eine andere, wenn ihm der Italiener einfiel. Gs war ihm fast wie in Furcht und Angst, der Welsche könne ihn vor Gericht belangen oder gar den südländischen Brauch der Blutrache einführen. Denn jetzt wäre ja an dem Welschen die Reihe. — Das Würgen an der Gurgel spürte der Peter Oberdörfer nicht mehr seit jener Stunde im Schacht. Die schlimme Tat war mit einem noch schlimmeren Gedanken gesühnt! So wollte Peter nun nichts mehr, als aus den Welschen ver- gessen , oder ihn zuhöchst — weil es dem Rerl doch nicht ganz ge- schenkt bleiben sollte — bei guter Gelegenheit ein wenig durch- bleuen. So war es, als eines Tages in den Tiefen des Grzberges, un- weit des Hubertusstollens, sich böse Wetter zeigten, die Rnappen in Wirrnis die Flucht ergriffen und die beiden Rcänner sich plötzlich gegenüberstanden. „Gr muß doch mein Unglück sein!" stöhnte Peter und stürzte zu Boden, denn die Stickluft hatte ihn bereits betäubt. Der Italiener raffte den Ohnmächtigen vom Boden aus, warf ihn über die Achsel und eilte mit solcher Last im nächtigen Labyrinth der Stollen hin und her — die Grubenlampe war ihm schon ver- loschen, die Orientierung hatte er auch verloren, schwerer Gruben- dunst beengte ihm die Brust. Gr rüttelte den Peter. Rannst du gehen, Ramerad? Rannst du? Niente (nicht)? (D, jetzt ist es finster ge- worden ! Schon wollten auch ihm die Sinne vergehen, als aus einem Seitenstollen roter Lichtschimmer winkte. Dort ist Rettung. Wo

10. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 110

1913 - Leipzig : Hahn
110 Da ist ein schön gelber Zeugstoff ausgestellt. Er ist mit Pikrin- säure gefärbt. Pikrinsäure, die auch einen wesentlichen Bestandteil des neuen, rauchschwachen Schießpulvers bildet, wird aus Steinkohlen- Leer gewonnen. Daneben befindet sich ein Schrank, der eine Zusammen- stellung verschiedenfarbiger Seidenstoffe enthält. Dieses leuchtende Rot, dies leuchtende Fuchsin, dies zarte himmelblau, dies saftige Grün, dies tiefe Schwarz, das alles sind Anilinfarben, die nach der Erfindung des Professors hoffmann aus Steinkohlenteer hergestellt werden. Eine andere Zusammenstellung gleich schöner Stoffe ist mit Alizarinfarben gefärbt, die nach der Erfindung tiebermanns ebenfalls aus Steinkohlenteer dargestellt werden. Der unangenehme Geruch, der sich in der Nähe dieser Stoffe geltend macht, rührt von Naphthalin her, das man zum Schutze gegen Motten eingestreut hat. Dies wirk- samste Mottengift gewinnt man aus Steinkohlenteer. Ebenso wider- wärtig empfindet man den Geruch der Karbolsäure, mit der man zur Desinfizierung den Fußboden besprengt hat und die auch aus Steinkohlenteer hergestellt wird, weniger lästig für den Geruchsinn wäre es wohl gewesen, wenn man zur Desinfizierung Salizylsäure verwendet hätte, die nach der Erfindung des Professors Kolbe eben- falls aus Steinkohlenteer gewonnen wird. Salizylsäure findet auch in der Heilkunde wirksame Verwendung. Ein anderes Heilmittel, das Antipyrin, das seinem Erfinder Dr. Knorr in Jena große Summen einbrachte, wird auch aus Steinkohlenteer verfertigt, ebenso das Phenazetin, das manche für wirksamer gegen Kopfschmerzen halten als das Antipyrin. In einem andern Raume der Ausstellung, in dem Seifen, wohl- riechende Gle und andere Wohlgeruchsmittel ausgestellt sind, scheint der Besucher einem Übermaß von Blumenduft ausgesetzt zu sein. Doch alle diese Wohlgerüche sind fast ohne Ausnahme aus Steinkohlen- teer destilliert. Es findet sich auch Gelegenheit, eine Erfrischung ein- zunehmen, ein Glas Eis und ein Stückchen Kuchen. Das Eis, das prächtig nach Vanille schmeckt und duftet, enthält aber keine Vanille, es ist mit Vanillin zubereitet, das aus Steinkohlenteer hergestellt wird. Der Kuchen ist vielleicht mit Saccharin gesüßt. Es ist dies der stärkste bekannte Süßstoff, der dreihundermal süßer als Zucker ist, so daß man mit ein oder zwei Messerspitzen so viel er- reicht als mit einem j)fund Zucker. Saccharin gewinnt man aus Steinkohlenteer, hiernach sollte man denken, man könnte alles aus Steinkohlenteer herstellen. Nun, nicht gerade alles, aber doch noch sehr viel mehr, als was hier angeführt ist. Die Auffindung der meisten dieser aus dem Steinkohlenteer ausgeschiedenen chemischen Stoffe stammt aus den letzten zwei Dritteln des neunzehnten Jahr- hunderts. Das ist begreiflich, da der Steinkohlenteer ein Rückstand der Gaserzeugung ist, die allgemeine Verbreitung erst während der letzten zwei Menschenalter gefunden hat. Nach L-unhardt.
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